Familien mit allein- und getrennterziehenden Eltern machen 20 Prozent aller Familien in Deutschland aus. Der im Januar 2025 veröffentlichte zehnte Familienbericht der Bundesregierung, erstellt von einer unabhängigen Sachverständigenkommission unter Vorsitz von Prof. Dr. Michaela Kreyenfeld, widmet sich der zukunftsorientierten Weiterentwicklung von Maßnahmen zu ihrer Unterstützung mit den Zielen: Förderung der ökonomischen Eigenständigkeit von Müttern und Vätern; Stärkung der gemeinsamen Elternverantwortung; Berücksichtigung von besonders verletzlichen Lebenslagen; und Anerkennung sowie Förderung der Vielfalt von Familienformen.

Der Bericht konstatiert ein erhöhtes Armutsrisiko insbesondere für allein- oder getrennterziehende Mütter und bilanziert u.a.: In welcher Lebenslage sich Mütter und Väter nach einer Trennung befinden, hängt ganz wesentlich davon ab, wie sie ihr Familienleben vor der Trennung organisiert haben.

Um die ökonomische Eigenständigkeit beider Elternteile zu unterstützen, schlägt die Sachverständigenkommission unter anderem eine Reform des Elterngeldes, den weiteren Ausbau der Kindertagesbetreuung und eine stärkere familienzeitpolitische Gestaltungsfunktion im Arbeitszeitrecht vor.

Was braucht es, damit die ökonomische Gleichstellung von Frauen und Männern vorankommt? Mittels Expertisen zum verfassungsrechtlichen Mandat, zum Ziel, zu gesellschaftlichen Werten und Wirklichkeiten und zu konsensfähigen Vorschlägen haben Wissenschaftler*innen auf Einladung der Gleichstellungsabteilung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ende 2024 aus Anlass des 30. Jubiläum des Staatsziels Gleichstellung einen Strategierahmen für die ökonomische Gleichstellung 2030 vorgestellt und damit die erste Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung weiterentwickelt.

Die Autor*innen zeigen, welche volkswirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Potenziale ökonomische Gleichstellung freisetzen kann und welche Einstellungen und Wünsche der Gesellschaft zu berücksichtigen sind. Der Strategierahmen setzt sich aus folgenden Beiträgen zusammen, denen jeweils umfängliche Studien zugrunde liegen:

  • Ute Sacksofsky: Ökonomische Gleichstellung – ein Verfassungsauftrag
  • Dagmar Weßler-Poßberg und Oliver Ehrentraut: Volkswirtschaftliche und gesellschaftliche Dimensionen fehlender ökonomischer (Un)Gleichheit zwischen Frauen und Männern
  • Martin Bujard: Kinderwünsche, Care-Arbeit und Erwerbstätigkeit: Welche Rahmenbedingungen junge Erwachsene und Eltern brauchen
  • Miriam Beblo: „Nachhaltige Ökonomische Eigenständigkeit“ als notwendige Bedingung
  • Simone Kaiser und Jessica Wulf: Wirtschaftliche Eigenständigkeit: Ein Ziel mit großer Bedeutung für Bürgerinnen und Bürger
  • Silke Borgstedt und Franziska Jurczok: Wirtschaftliche Eigenständigkeit: Wunsch und Wirklichkeit Teil 3: Auf dem Weg zur ökonomischen Gleichstellung: Gesellschaftliche Ausgangsbedingungen und Potenziale von Neujustierungen
  • Katharina Wrohlich: Ist die Gesellschaft bereit für Reformen? Wünsche und Einstellungen zur Erwerbs- und Care-Arbeit von Frauen und Männern
  • Tom Krebs: Kosten ökonomischer Ungleichstellung

In seiner bereits veröffentlichten Studie „Gesamtwirtschaftliche und fiskalische Auswirkungen verbesserter Rahmenbedingungen zur Gleichstellung von Frauen“ hebt Prof. Dr. Tom Krebs hervor, dass die Erwerbseinkommenslücke von Frauen mit Kindern oder Pflegebedürftigen mit einem massiven Ausbau von Angeboten von Kitas und Schulen, ambulanten bzw. teilstationären Pflegediensten zwar sinken, aber immer noch bei knapp 50 Prozent liegen würde.

Fazit: „Es braucht … auch monetäre Anreize bzw. die Abschaffung bestehender Fehlanreize, um eine gleichberechtigte Beteiligung an Care-Arbeit von Frauen und Männern in entsprechenden Lebensphasen neben der Fortsetzung substanzieller Erwerbstätigkeit stärker zu fördern.“ Die Studie untersucht eine Pauschalleistung von 300 Euro monatlich über eine Dauer von maximal 12 Monaten für vollzeitnah erwerbstätige Paare und Einzelpersonen als Instrument zur Unterstützung substanzieller Erwerbstätigkeit und partnerschaftlicher Aufgabenteilung und legt dessen Effektivität dar. Grundlage sind Einzelfallbeispiele und Simulationsrechnungen von Dr. Lena Calahorrano und Kolleg*innen am Fraunhofer-Institut für angewandte Informationstechnik.

Eine repräsentative Onlinebefragung des Instituts Arbeit und Qualifikation im Auftrag der Bertelsmann Stiftung zeigt auf, dass Männer in heterosexuellen Beziehungen die Zuständigkeit für Haushaltsaufgaben als deutlich gleichverteilter empfinden als Frauen. Während 70 Prozent der Männer mit Vollzeitjobs angeben, dass sich beide Partner (meistens) gemeinsam um den Haushalt kümmern, sagen das nur 49 Prozent der Frauen. 

Die von Angelika Kümmerling, Lina Zink und Andreas Jansen vorgenommene und ausgewertete Befragung zeigt auf, dass es ebenso eklatante Unterschiede zwischen Männer und Frauen bei der Einschätzung des Zeitaufwands für Haushaltstätigkeiten und Kinderbetreuung gibt. Selbst bei den Befragten, die das Prinzip „Wir machen das gemeinsam“ bejahen, geben Männer an, pro Woche 6,7 Stunden für den Haushalt zu investieren, Frauen dagegen 10,6 Stunden.

In Paaren mit gemeinsamer Sorgeverantwortung investieren Männer nach eigener Einschätzung durchschnittlich 17,5 Stunden pro Woche in die Kinderbetreuung, Frauen dagegen 27,5 Stunden. Die Umfrageergebnisse zeigen zudem: Frauen sind wesentlich unzufriedener mit der Aufteilung von Erwerbs-, Haushalts- und Sorgearbeit, jedoch deutlich zufriedener, wenn beide Partner gemeinsam für Haushaltsaufgaben zuständig sind, als wenn sie allein dafür zuständig sind.

Als Maßnahmen auf individueller, betrieblicher und politischer Ebene, die dazu beitragen können, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu stärken, werden der Ausbau der Betreuungsinfrastruktur und die „Verzahnung von dynamisch-situativen und lebensphasenorientierten Flexibilitätsinstrumenten, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und für Männer zu ermöglichen“ identifiziert.

Diese Studie ist der zweite Teil einer dreiteiligen Veröffentlichungsreihe im Rahmen des Projekts „Spannungsfeld Vereinbarkeit: Onlinebefragung zur Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit im Paarkontext“, das das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen im Zeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024 im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt hat.

Die vollständige Studie ist auf der Website der Bertelsmann Stiftung zu finden.

Weshalb ist eine existenzsichernde Beschäftigung für Frauen wichtig und was bedeutet eine eigenständige Existenzsicherung konkret? Mit Antworten auf diese Fragen wendet sich die von Dr. Irene Pimminger verfasste Broschüre „Wie unabhängig sind Frauen in Deutschland?“ der DGB-Frauen insbesondere an Frauen in verschiedenen Entscheidungssituationen zur eigenen Erwerbstätigkeit, beispielsweise Frauen, die in Teilzeit oder geringfügig beschäftigt sind.

Eine medial vielbeachtete neue Berechnung zeigt, dass der Anteil der beschäftigten Frauen in Deutschland, deren Erwerbseinkommen nicht für eine eigenständige Existenzsicherung ausreicht, hoch ist: 70 Prozent der erwerbstätigen Frauen zwischen 25 und 55 Jahren können mit ihrem Einkommen nicht langfristig für sich und ein Kind vorsorgen, 53 Prozent nicht für sich alleine.

Viele der Faktoren, die eine langfristige Existenzsicherung ermöglichen, sind nicht (allein) individuell beeinflussbar, sondern hängen von (gesellschafts-)politischen Rahmenbedingungen ab, zu denen folgende Forderungen an Regierung und Sozialpartner gestellt werden: Betreuungsinfrastruktur ausbauen; Gutscheine für haushaltsnahe Dienstleistungen einführen; familienbewusste Rahmenbedingungen im Betrieb schaffen; Partnerschaftlichkeit fördern; Fehlanreize abbauen; frauendominierte Berufe aufwerten; und Niedriglohnsektor zurückdrängen.

Die vollständige Broschüre ist auf der Website des Deutschen Gewerkschaftsbunds zu finden.

Seit Anfang März 2025 unterstützt Stephanie Schlitt das Bündnis Sorgearbeit fair teilen als Koordinatorin. Sie folgt auf Dr.in Bettina Rainer, die die Koordinierungsstelle seit 2021 aufgebaut und geleitet hatte.

Stephanie Schlitt studierte Philosophie, internationale Beziehungen und internationales Recht in St Andrews (Schottland) und London und arbeitete danach mit internationalem Fokus u.a. als Referentin für Frauenrechte und Gleichstellung im Londoner Hauptquartier von Amnesty International und für die Weltgesundheitsorganisation. In Deutschland war sie als gesundheitspolitische Referentin in einem Bundestagsbüro tätig und ist im Ehrenamt stellvertretende Vorsitzende des pro familia Bundesverbands.

Das Bündnis Sorgearbeit fair teilen erweitert seine Social-Media-Aktivitäten und ist – neben Instagram – seit Ende März auch auf der Plattform LinkedIn vertreten. Mit der neuen Präsenz wollen wir unsere Themen und Forderungen noch sichtbarer machen und u.a. mit Akteur*innen aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft ins Gespräch kommen.

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Das Bündnis Sorgearbeit fair teilen fordert von den künftigen Koalitionspartnern einen gleichstellungspolitischen Aufbruch für die faire Verteilung unbezahlter Sorgearbeit: Um die Erwerbstätigkeit von Frauen zu stärken, müssen die verhandelnden Parteien die Übernahme von Sorgeverantwortung durch Männer fördern.

Wer Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen will, muss bei der gerechten Verteilung unbezahlter Sorgearbeit ansetzen. Im Appell an die Verhandler*innen des Koalitionsvertrages schreiben die Bündnismitglieder: „Die gesellschaftlichen Strukturen in Deutschland sind die zentrale Ursache für die ungleiche Aufteilung von bezahlter Erwerbsarbeit und unbezahlter Sorgearbeit. Frauen haben dadurch im Vergleich zu Männern geringere Einkommen und Vermögen, weniger wirtschaftliche und politische Macht sowie ein deutlich höheres Armutsrisiko.“

Die Bündnismitglieder fordern, sechs Maßnahmen für die partnerschaftliche Verteilung unbezahlter Sorgearbeit im Koalitionsvertrag zu verankern, mit finanziellen Mitteln zu hinterlegen und in der nächsten Legislaturperiode endlich umzusetzen:

  • 10 Tage Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt eines Kindes mit vollem Entgeltersatz
  • Partnerschaftliche Ausgestaltung des Elterngeldes
  • Bezahlte Freistellungen für informelle Pflege
  • Abschaffung der Lohnsteuerklasse V und Individualbesteuerung für alle
  • Öffentliche Förderung haushaltsnaher Dienstleistungen
  • Schaffung von Rahmenbedingungen für geschlechtergerechte und sorgeorientierte Arbeitszeitmodelle

Die faktische Umsetzung der Gleichstellung der Geschlechter ist zentral für die Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft – und angesichts zunehmender demokratiefeindlicher Tendenzen von entscheidender Bedeutung.

Der vollständige Appell zu den Koalitionsverhandlungen 2025 ist hier zu finden.

Bezahlte Erwerbsarbeit ist zentral, da sie nicht nur Einkommen generiert, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe und individuelle Handlungsoptionen ermöglicht. Dennoch unterscheiden sich die Voraussetzungen für Frauen und Männer, weil Frauen weiterhin in der Regel die Hauptlast unbezahlter Sorgearbeit tragen.

Gleichzeitig führen der Wandel der Arbeitswelt und der Fachkräftemangel zu steigenden Belastungen. Eine Analyse der Friedrich-Ebert-Stiftung zeigt, dass ein Drittel der Beschäftigten hohe Arbeitsbelastungen in Form von Zeitdruck sowie mentalen und körperlichen Herausforderungen erlebt. Insbesondere Frauen in Berufen des Gesundheits- und Sozialwesens sind davon betroffen.

Diese Ergebnisse der FES verdeutlichen den dringenden Handlungsbedarf: Arbeitsbedingungen müssen attraktiver und gesundheitsförderlicher gestaltet werden. Flexible Arbeitszeitmodelle, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie familienfreundliche Maßnahmen spielen hierbei eine zentrale Rolle. Besonders Mütter bewerten diese Aspekte als entscheidend. Auch Väter wünschen sich eine bessere Vereinbarkeit.

Politik und Arbeitgeber*innen können mit gezielten Maßnahmen, wie dem Ausbau von Kita-Plätzen und flexiblen Arbeitszeitmodellen, nicht nur die Arbeitsbelastungen reduzieren, sondern auch die Erwerbsbeteiligung steigern. Laut FES sollte eine nachhaltige Strategie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels auf gerechtere Arbeitsstrukturen setzen, anstatt lediglich längere Arbeitszeiten oder „mehr Bock auf Arbeit“ zu fordern.

Die vollständige Analyse ist auf der Website der Friedrich-Ebert-Stiftung zu finden.

Eine neue DIW-Studie auf Basis von Daten des World Value Survey hat sich verändernde Einstellungen zur Rolle von Frauen untersucht und u.a. gezeigt, dass Frauen tendenziell egalitärere Vorstellungen über die Rolle der Geschlechter auf dem Arbeitsmarkt haben als Männer. Über 80 Prozent der Befragten sprachen sich in der jüngsten Erhebung gegen eine Bevorzugung von Männern bei Jobknappheit aus.

Die Daten belegen auch, dass das gesellschaftliche Frauenbild in Deutschland in den letzten Jahrzehnten deutlich moderner geworden ist. Im internationalen Vergleich nimmt Deutschland heute eine fortschrittliche Position ein, auch wenn einige nördliche EU-Länder wie Schweden oder Norwegen noch egalitärere Ansichten vertreten. Gleichzeitig existieren in vielen Teilen der Welt weiterhin traditionelle Rollenbilder, die eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern erschweren.

Die vollständige Studie ist auf der DIW-Website zu finden.

In einem aktuellen Bericht untersucht die Hans-Böckler-Stiftung auf Basis des Projekts „A Nordic-German Trade Union Cooperation on Pay Equity“ geschlechtsspezifische Lohnunterschiede und identifiziert mit der Entgeltdiskriminierung, der horizontalen und vertikalen Segregation sowie der ungleichen Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit vier wesentliche Einflussfaktoren. Besonders die ungleiche Verteilung von Sorgearbeit erweist sich als zentrale Herausforderung auf dem Weg zur Entgeltgleichheit.

Der Bericht zeigt, dass Entgeltgleichheit nicht allein durch gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit erreicht werden kann. Es bedarf einer gesellschaftlichen und politischen Neuausrichtung, die den ökonomischen Wert von Sorgearbeit anerkennt und gezielt Maßnahmen ergreift, um die Last gerechter zu verteilen. Dazu gehören der Ausbau von Betreuungsplätzen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und eine stärkere Beteiligung von Männern an unbezahlter Sorgearbeit.

Diese Veränderungen sind nicht nur notwendig, um die Lohnunterschiede zu schließen, sondern auch, um Frauen und Männern echte Wahlfreiheit und Chancengleichheit im Arbeitsmarkt zu ermöglichen.

Der vollständige Bericht ist auf der Website der Hans-Böckler-Stiftung zu finden.